Menstruation: Welche Rolle spielen Hormone im Zyklus?

Östrogen, Progesteron, FSH und beeinflussen den weiblichen Zyklus. „Hormongesteuert sind wir alle“, sagt eine Medizinerin.

Dass Frauen kein Bart wächst, ist dem Hormon Östrogen zu verdanken. Es sorgt auch dafür, dass Brüste, Po und Hüften sich ausprägen, die Scheidenwände feucht sind und in der Gebärmutter ein Kind wachsen kann. „Transfrauen können mithilfe einer Östrogenbehandlung sogar die Fettverteilung im Körper verändern und so von einer typischen Männer- hin zu einer Frauenfigur gelangen“, schreiben Nina Brochmann und Ellen Stokken Dahl in ihrem Buch „Viva la Vagina!“. All das zeigt, wie groß der Einfluss der Hormone auf den weiblichen Körper ist.

Aber wie stark wird auch unser Verhalten von Hormonen bestimmt? „Hormongesteuert sind wir alle“, sagt die Grazer Gynäkologin Martina Kollmann. „Viele Frauen merken aber auch keine wirkliche Veränderung während ihres Zyklus.“

Abgesehen von Östrogen spielen drei weitere Hormone eine wesentliche Rolle im weiblichen Menstruationszyklus und beeinflussen nicht nur den Körper, sondern auch die Stimmung von Frauen. Doch von vorn, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Los geht es mit Tag eins, dem ersten Tag des Menstruationszyklus, er ist gleichzeitig der erste Tag der Regelblutung:
 

  • Am Beginn des weiblichen Zyklus wird im Gehirn das GNRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) ausgeschüttet. Das führt dazu, dass in der Hypophyse das Follikelstimulierende Hormon (FSH) gebildet wird, das wiederum dafür sorgt, dass im Eierstock Eibläschen heranreifen, die das Hormon Östradiol, ein Östrogen, produzieren.

Hier kommt es also zum Einsatz, das Östrogen. Es bewirkt, dass in der ersten Zyklushälfte die Schleimhaut in der Gebärmutter aufgebaut wird. Außerdem wachsen im Eierstock Eizellen in Follikeln heran. Je größer sie werden, desto stärker steigt der Östrogenspiegel im Blut. Kurz vor dem Eisprung schießt der Hormonspiegel geradezu in die Höhe. Das hat nicht nur körperliche Auswirkungen. Rund um den Eisprung verbessert das Östrogen auch die Stimmung und Motivation. Tendenziell seien viele Frauen in ihrer ersten Zyklushälfte aktiver als in der zweiten, bestätigt Kollmann.

Frauen geben sich in der Zeit auch femininer und fühlen sich ihrem Partner stärker verbunden. Auch steigt jetzt die Lust auf Sex und – einer Studie zufolge – auch die Bereitschaft für Seitensprünge. Das hat aber auch noch mit einem anderen Hormon zu tun:

  • Zu diesem Zeitpunkt im Zyklus wird ein Überschuss der großen Östrogenmenge im Eierstock in umgewandelt.

Dieses Hormon, das man eigentlich von Männern kennt, sorgt neben einer angekurbelten Libido auch dafür, dass nun oft Haut und Haare fettig werden.

Und noch etwas ändert sich: Frauen wirken rund um ihren Eisprung attraktiver, das ergab eine Untersuchung, bei der Männern Fotos von Frauen während ihres Eisprungs und in einer anderen Phase des Zyklus gezeigt wurden. Außerdem finden Männer den Körpergeruch von Frauen kurz vor dem Eisprung besonders anziehend. Das wurde in einer finnischen Studie getestet, bei der Männer an T-Shirts riechen mussten, die Frauen in der Zeit vor, während und nach ihrem Eisprung getragen hatten.

  • Weiter im Zyklus: Als Antwort auf den hohen Östrogenspiegel wird in der Hirnanhangsdrüse nun in großen Mengen das Luteinisierende Hormon (LH), das Eisprunghormon, gebildet.

„Der heftige LH-Strom erreicht den Follikel, der sich daraufhin in die Luft sprengt, sodass die Eizelle aus ihrem Kokon und weiter aus dem Eierstock hinauskatapultiert wird“, schreiben Brochmann und Stokken Dahl in ihrem Buch. Was vom geplatzten Follikel übrigbleibt, ändert seine Form und Farbe und wird zum sogenannten Gelbkörper.

  • Der Gelbkörper produziert nun das Hormon Progesteron (ein Gestagen), das vor allem für den Umbau der Gebärmutterschleimhaut zu einem gemütlichen Ort für eine befruchtete Eizelle und die Vorbereitung auf eine eventuelle Schwangerschaft verantwortlich ist.

Jetzt, in der zweiten Zyklushälfte, dominiert das Progesteron. In diesem Zeitraum haben viele Frauen Schmerzen in den Brüsten. Das liegt einerseits an Wassereinlagerungen, die die Brüste um bis zu eine Körbchengröße wachsen lassen. Andererseits wird nun das Hormon Prolaktin produziert, das die Drüsenzellen auf die Milchbildung in einer möglichen Schwangerschaft vorbereitet.

Zu dieser Zeit macht sich auch bemerkbar, dass die Power des Östrogens fehlt: Manche Frauen leiden an Anspannungen, Reizbarkeit oder depressiven Phasen. „Das Progesteron macht ein wenig müder“, sagt auch Kollmann.

Zurück im Zyklus, steuert derweil alles auf das Ende zu: Wird die Eizelle nicht befruchtet, geht der Gelbkörper zugrunde – der Progesteronspiegel sinkt nun wieder ab. Nachdem das Progesteron zum Erhalt der Gebärmutterschleimhaut nötig war, löst sich diese nun ab. Die Periode beginnt – und damit fängt der Zyklus der Frau von vorne an.

Hormonelle Störungen

Dass bei diesem komplizierten Zusammenspiel auch einmal etwas aus dem Takt kommen kann, ist klar. Kollmann gibt ein Beispiel: Ist das Hormon Prolaktin, das für die Muttermilch zuständig ist, bei einer nichtschwangeren Frau zu hoch, kann das zu Zyklusstörungen führen und den Eisprung verhindern.

Zu einer weiteren Störung im Hormonhaushalt kommt es, wenn kein Eibläschen heranwächst. Im schlimmsten Fall kann der Eisprung ganz ausbleiben. Dies führt dazu, dass in der zweiten Zyklushälfte der Progesteronwert zu niedrig ist. „Dann kommt es manchmal dazu, dass schon vor der Periode Schmierblutungen auftreten“, erklärt Kollmann.

Auch das Polyzystische Ovar-Syndrom (PCOS) ist eine häufige Ursache für ein Hormonungleichgewicht. Oft liegt dabei ein erhöhter Androgenspiegel im Blut vor, also ein Überschuss an männlichen Sexualhormonen. „Sehr oft haben diese Frauen einen unregelmäßigen Zyklus und keinen Eisprung“, sagt Kollmann. Bis zu 20 Prozent der geschlechtsreifen Frauen sind davon betroffen.

Hormonstatus überprüfen

Was tun, wenn der Zyklus über Monate aus dem Takt gekommen ist? Ein erster Schritt ist ein Überprüfen des Hormonstatus in der ersten und zweiten Zyklushälfte. Die Behandlung hängt dann laut Kollmann davon ab, ob ein Kinderwunsch vorhanden ist oder nicht. Sind beispielsweise die männlichen Hormone erhöht, und es besteht kein Kinderwunsch, dann kann das Problem mit der Einnahme einer Antibabypille therapiert werden.

Auch eine Follikelreifungsstörung, die bei unerfülltem Kinderwunsch oft vorliegt, kann medikamentös behandelt werden. (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 14.2.2019)

 
Quelle:
https://derstandard.at/2000095881422/Menstruation-Welche-Rolle-spielen-Hormone-im-Zyklus