Sperma mit Verfallsdatum

Je länger sich Frauen Zeit lassen, umso schwerer werden sie schwanger. Doch auch bei Männern tickt die biologische Uhr: Ab 40 Jahren geht’s abwärts mit der Zeugungsfähigkeit. Doch an der Quantität liegt’s nicht.

Das berichtet Eberhard Nieschlag, Leiter des Instituts für Reproduktionsmedizin am Universitätsklinikum Münster. Bekannt wurde er unter anderem mit seinen Forschungen an der „Pille für Männer“. Seit vier Jahren ist Nieschlag Präsident der Deutschen Gesellschaft für Andrologie, der Wissenschaft vom Mann. Ein junges Gebiet: Erst seit dem vergangenen Jahr können Mediziner die Facharzt-Anerkennung für Männerheilkunde erwerben. Lange habe die Überzeugung geherrscht, dass die Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr und die Zeugungsfähigkeit zusammenhingen. „Das kann aber völlig entkoppelt sein“, sagt Nieschlag.

Bei Frauen geht die Empfängfähigkeit ab 25 zurück

Zwar produzierten auch ältere Männer genügend Spermien. Erst seit wenigen Jahren sei aber bekannt, dass ihre Beweglichkeit nachlasse. Damit gehe die Fähigkeit verloren, eine Eizelle zu befruchten. Bei Männern über 40 lasse eine Schwangerschaft der Partnerin immer länger auf sich warten, selbst wenn die Frau deutlich jünger sei.

Frauen können laut Nieschlag theoretisch bis zum Alter von etwa 50 Jahren auf natürlichem Weg Kinder bekommen, so lange in ihren Eierstöcken eine befruchtungsfähige Eizelle heranreift. Doch die menschliche Alterung verschont die Eizellen nicht. Die Empfängnisfähigkeit sei im Alter von 18 bis 25 am höchsten. Schon ab 25 Jahren gehe sie zurück, ab 35 nehme sie deutlich ab. Inzwischen können Ärzte die Biologie mit Technik überlisten. Eine Befruchtung im Reagenzglas ist Nieschlag zufolge eher wegen männlicher Zeugungs- als weiblicher Fruchtbarkeitsprobleme nötig.

Knapp 40.000 Frauen suchten 2004 Reproduktionsmediziner auf. Diejenigen, die schwanger wurden, brachten 6.800 Kinder auf die Welt, ein gutes Drittel davon waren Mehrlinge.

Kassen bezahlen nicht mehr alles

Wollten Politiker dem Kinderschwund entgegenwirken, sollten sie bei der Reproduktionsmedizin ansetzen, sagt der Wissenschaftler. Auf Grund politischer Entscheidungen verhilft die Disziplin längst nicht mehr so vielen Paaren zu einem Kind wie früher. Bis vor zwei Jahren bezahlten die Krankenkassen die etwa 3.000 bis 5.000 Euro teuren Behandlungen, von denen pro Paar Nieschlag zufolge durchschnittlich drei bis zu einer Schwangerschaft nötig sind.

Inzwischen übernehmen die Kassen bei drei Versuchen nur noch die Hälfte der Kosten, woraufhin die Behandlungszahlen eindrucksvoll einbrachen. Für Männer lässt sich die Zeit bis zum ersten Baby dehnen, bei Frauen tickt die biologische Uhr unbarmherzig dem Ende entgegen; dann kann nur noch eine Eizellspende helfen.

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