Forschung – Ein Mädchen bitte
Seit Entwicklung der Ultraschalltechnologie Ende der 60er Jahre können Eltern schon vor der Geburt mit ziemlicher Sicherheit erfahren, ob ihr Baby männlich oder weiblich ist. Es gibt aber auch Eltern, die das Geschlecht ihres Kindes nicht nur vor der Geburt wissen, sondern es am liebsten selbst bestimmen möchten. Mit den Forschungsfortschritten im Bereich der Reproduktionsmedizin ist das sogar möglich – nicht nur theoretisch. Forscher am „United States Department of Agriculture“ (USDA) haben eine Maschine entwickelt, die Spermien nach X- und Y-Chromosom trennen kann. Spermien mit einem X-Chromosom enthalten bei Säugetieren drei bis vier Prozent mehr Desoxyribonukleinsäure (DNA) als die mit einem Y-Chromosom. Die Forscher färbten die DNA, die die Erbinformation trägt, mit fluoreszierenden Farbstoffen ein und konnten mit einem Laser die Spermien nach DNA-Gehalt und damit nach Geschlecht sortieren.
Das Gerät wurde in den USA zunächst über zehn Jahre in der Viehzucht erprobt. Danach wurde auch mit menschlichen Spermien geforscht. Bei den menschlichen Spermien können die weiblichen mit einer Zuverlässigkeit von 93 Prozent herausgelesen werden. Männliche Spermien sortiert die Maschine nur mit einer 73-prozentigen Sicherheit aus. Das „Genetics and IVF Institute“ in Fairfax (USA) war die erste Fruchtbarkeitsklinik der Welt, die mit diesem Gerät arbeitete. 1995 kam das erste Mädchen zur Welt, dessen Geschlecht durch Spermienselektion bestimmt wurde. In Deutschland ist die Trennung menschlicher Spermien nicht erlaubt. Ausgenommen ist eine Spermienselektion bei schwerwiegenden geschlechtsgebundenen Erbkrankheiten, etwa die meist tödlich verlaufende Muskelschwäche, die nur Jungen erben. In vielen anderen Ländern sind die Gesetze nicht so streng, mit teilweise gravierenden Folgen: In Indien und China ist das demografische Gleichgewicht zwischen Mann und Frau bereits gestört. Immer mehr Paare wählen das Geschlecht ihres Babys bei einer künstlichen Befruchtung – und entscheiden sich meist für einen Jungen. Viele weibliche Embryos werden auch abgetrieben. Frauen sind in diesen Ländern generell weniger wert als Männer. Außerdem belastet die Mitgift für eine Hochzeit die Familien oft finanziell. Auch in islamischen Ländern wünschen sich Paare oft einen Sohn, weil dieser bei der Erbfolge bevorzugt wird.
Die sogenannte Präimplantationsdiagnostik ermöglicht aber nicht nur die Geschlechterauswahl, sondern auch den ethisch umstrittenen Gencheck, durch den sich Embryonen aussortieren lassen, die genetisch belastet sind. Ein solcher Gencheck ist in Deutschland erst seit Juli 2010 erlaubt, während er in den USA, Großbritannien oder Belgien schon längst gang und gäbe ist. Ebenfalls üblich im Ausland ist die Eizellspende, auf die Frauen angewiesen sind, deren Eierstöcke keine eigenen Keimzellen mehr produzieren. Dabei werden die Eierstöcke einer freiwilligen Spenderin hormonell stimuliert, nach der Entnahme mit dem Samen des Mannes befruchtet und der Empfängerin wenige Tage später eingesetzt. Das in Deutschland verbotene Verfahren wird im Ausland nicht nur bei Frauen angewandt, die ihre Fruchtbarkeit zum Beispiel durch Krankheit früh verloren haben. 1995 brachte die Italienerin Rosanna Della Corte den kleinen Riccardo zur Welt: Sie war bei der Geburt 62 Jahre alt.
http://www.planet-wissen.de/natur_technik/fortpflanzung/kuenstliche_befruchtung/forschung.jsp