Kinderwunsch: Wer zu hart trainiert, riskiert Unfruchtbarkeit
Wer Sport treibt, lebt gesünder – das ist ohne Zweifel richtig. In bestimmten Situationen kann das Training jedoch auch nicht förderlich sein: Wer schwanger werden will, riskiert mit häufigen und anstrengenden Workouts, unfruchtbar zu werden.
Sport-Junkies, die schwanger werden wollen, sollten ihr Trainingspensum laut den Ergebnissen einer Studie der Norwegian University of Science and Technology herunterschrauben, um größere Chancen zu haben.
Denn sportlich sehr aktive Frauen haben demnach ein über dreimal so hohes Risiko, unfruchtbar zu werden, als solche, die moderat trainieren.
Zu hartes Training schadet Fruchtbarkeit
„Unter all den Frauen gab es zwei Gruppen, welche die meisten Schwierigkeiten hatten, schwanger zu werden“, erklärt Studienleiterin Sigridur Lara Gudmundsdottir in einer Mitteilung.
„Das waren die Frauen, die fast täglich trainierten und diejenigen, die Sport bis zur Erschöpfung betrieben.“
In der Studie war jede vierte Frau, die bis zur Erschöpfung trainierte, unfruchtbar. Unter jenen, die täglich Sport trieben, war jede zehnte betroffen.
Der Effekt war zwar besonders deutlich bei Sportlerinnen unter 30 Jahren zu erkennen, aber das Risiko besteht definitiv auch für Freizeitathletinnen: Wer mehr als vier Stunden pro Woche intensives Training absolviert, hat bereits eine um 40 Prozent geringere Chance auf Kinder.
Sport fordert zu viel Energie
Woran es liegt, dass Sport bei Frauen mit Kinderwunsch zum Problem werden kann?
Zum einen daran, dass viele Frauen, die besonders hart trainieren, gleichzeitig – auch unterbewusst – weniger essen. Der Energiebedarf wird also ohnehin schon nicht gedeckt.
Hinzu kommt dann, dass hartes Training uns immer eine Menge Energie entzieht.
Der Köper merkt, dass er nicht genügend Reserven hat, um sich auf eine Schwangerschaft vorzubereiten.
Dieses Phänomen ist unter Medizinern als „relativer Energiemangel“ bekannt.
Bei Energiemangel muss der Körper Prioritäten setzen. Sein oberstes Ziel: Überleben, weshalb er sich auf die Prozesse konzentriert, die Herz und Gehirn betreffen.
Die Folge: Das so genannte Luteinisierungshormon, das den Eisprung auslöst, wird nicht mehr erzeugt – auch Östrogen und Progesteron werden nicht freigesetzt.
Bei einigen Frauen bleibt die Menstruation in Folge des Energiemangels sogar dauerhaft aus.
Medizinisch ist das unter dem Terminus Amenorrhö bekannt.
Nicht nur Fruchtbarkeit ist betroffen
Der Energiemangel hat weitere Folgen: „In Abhängigkeit von der Dauer dieser Einschränkung kommt es zu einer Abschwächung der normalen hormonellen Regulation“, erklärt Dr. Ulrike Korsten-Reck, Ernährungsmedizinerin und Leiterin der Adipositas-Akademie Freiburg gegenüber ‚womenshealth‘.
Und da ein niedriger Östrogenspiegel nicht nur die Fruchbarkeit beeinträchtigt, sondern auch essenziell für einen gesunden Knochenstoffwechsel ist, leiden extrem sportliche Frauen oft auch unter einer geringen Knochendichte.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass Sportlerinnen mit Amenorrhö eine 10 bis 20 Prozent geringere Knochendichte aufweisen als Frauen mit normalem Menstruationszysklus.
Selbst, wenn die Regel irgendwann wieder einsetzt, kann die Knochendichte nie wieder komplett normalisiert werden.
Obwohl Spitzensportlerinnen besonders gefährdet sind, sind sie nicht die einzigen, die gefährdet sind: „Auch jede Frau, die Breitensport betreibt, ist unter Umständen gefährdet“, so die Expertin.
Diese Tipps helfen deiner Fruchtbarkeit
Auch, wenn das erst einmal tragisch klingt, gibt es auch gute Nachrichten: Hobby-Sportlerinnen, die auf gewisse Dinge achten, können dem Problem effektiv entgegenwirken.
1. Achte auf deinen Körperfettanteil
In Sachen Fruchtbarkeit ist weniger der BMI, sondern vielmehr der Körperfettanteil entscheidend, wie eine Biologin der Havard Medical School schon vor einigen Jahren herausfand.
Sie stellte fest, dass Frauen einen Körperfettanteil von mindestens 17 Prozent haben sollten, um keine Probleme mit dem Schwangerwerden zu haben. Diese Angabe gilt bis heute weltweit als relevant.
2. Iss Carbs
Wer schwanger werden will, sollte nicht auf Kohlenhydrate verzichten.
Denn mangelt es dem Körper daran, generiert dieser Brennstoff aus Proteinen, welche dann nicht für Muskelreparatur und -aufbau genutzt werden können.
Expertin Korsten-Reck rät zu einer adäquaten Protein- und Kohlenhydrataufnahme, um Leberglykogen aufzubauen und dadurch die Pulsation des Eisprung auslösenden Luteinisierungshormons zu erleichtern.
3. Halte die Energiebilanz im Blick
Sporlterinnen, die weniger als 2000 Kalorien zu sich nehmen, erhalten höchschwahscheinlich zu wenig Energie aus der Nahrung. Wer zwei Stunden am Tag trainiert und weniger als 2250 Kalorien zu sich nimmt, erhöht bereits das Risiko für das Ausbleiben der Periode.
Wie oben bereits beschrieben, ist die verfügbare Energie der entscheidende Faktor: „Die Energieverfügbarkeit errechnet sich aus der Energieaufnahme mit der Nahrung minus dem Energieverbrauch durch Training und sollte im Normalfall bei etwa 45 Kalorien pro Kilogramm fettfreier Masse pro Tag liegen“, so Korsten-Reck.
Zu wenig Sport ist auch nicht gut
Das Gute ist: Die Fruchtbarkeit kann zurückkommen, wenn man weniger trainiert und auf eine ausreichende Nahrungsaufnahme achtet, wie die anfangs zitierte Studie aus Norwegen gezeigt hat.
Die meisten Teilnehmerinnen bekamen trotz zwischenzeitlicher Unfruchtbarkeit noch Kinder – sogar im Schnitt mehr als diejenigen Frauen, die während des Studienzeitraumes lediglich moderat Sport getrieben hatten.
Die Studienleiterin erklärt: „Wir gehen davon aus, dass sich sowohl zu viel als auch zu wenig körperliche Aktivität negativ auf die Fruchtbarkeit auswirkt. Richtig dosiert scheint der Sport Vorteile zu bringen“, so Gudmundsdottir.