Rechtliche Elternschaft hat tragende Bedeutung
Weil eine Frau aus Deutschland keine Kinder zeugen konnten, entschied sie sich mit ihrem Ehemann für eine – in Deutschland verbotene – Leihmutterschaft in den USA. Trotzdem müssten sie auch hier als Eltern anerkannt werden, so der BGH.
Ein Ehepaar aus Deutschland, das durch eine Leihmutter in den USA Kinder austragen ließ und dort nach einer amerikanischen Gerichtsentscheidung als Eltern der Zwillinge hervorgeht, muss auch hier dementsprechend ins Geburtenregister eingetragen werden. Das US-Urteil sei zum Wohle des Kindes auch in Deutschland anerkennen, so der Bundesgerichtshof (BGH) in einem nun veröffentlichten Beschluss (Beschl. v. 05.09.2018, Az. XII ZB 224/17).
Leihmutterschaften sind in Deutschland verboten. Der Kinderwunsch eines deutschen Ehepaars, das wegen der Unfruchtbarkeit der Frau keine Kinder bekommen konnte, war aber so groß, dass sie sich zu einer Leihmutterschaft in den USA entschlossen. Dabei wurden der amerikanischen Leihmutter Embryonen eingepflanzt, die aus anonym gespendete Eizellen und den Samenzellen des Mannes resultierten. Mit einer Entscheidung eines US-Gerichts in Colorado wurde das Ehepaar mit der Geburt Eltern der gezeugten Zwillinge.
Die Elternstellung wollte das Ehepaar auch in Deutschland erreichen und beantragt die Anerkennung des ausländischen Urteils. Damit hatten sie aber weder vor dem Amtsgericht (AG) noch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig Erfolg – und das obwohl der BGH schon in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2014 entschieden hat, dass Paare, die sich ihren Kinderwunsch durch eine Leihmutterschaft im Ausland erfüllen wollen, auch in Deutschland ins Geburtenregister eingetragen werden müssen, wenn das Wohl des Kindes dies erfordere.
Dabei wiesen die Richter darauf hin, dass ausländische Gerichtsentscheidungen in Deutschland nur dann unbeachtlich seien, wenn sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar seien. Das gehe aus dem Grundsatz des internationalen Entscheidungseinklangs nach § 108 Abs. 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) hervor. Das US-Urteil weiche mit erlaubten Leihmutterschaften zwar von deutschem Recht ab, jedoch nicht in einer Tragweite, das Grundrechte verletzt würden.
BGH: Auch rechtliche Stellung der Eltern wichtig
Hier seien vor allem die Grund- und Menschenrechte des Kindes und der Leihmutter zu berücksichtigen. So hätten bereits das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Recht des Kindes hervorgehoben, unter bestimmten Umständen ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis begründen zu können.
Genau das zweifelten die Braunschweiger Richter aber an. Nach Auffassung des OLG reicht es für das Kindeswohl nämlich aus, dass die Kinder in einem kontinuierlichen sozialen Umfeld heranwüchsen, wofür die Rechtsstellung als Eltern unerheblich sei.
Den BGH konnten sie mit dieser Argumentation aber nicht überzeugen. Die Richter in Karlsruhe blieben bei ihrer Rechtsprechung und attestierten den Kollegen aus Braunschweig die Reichweite der rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung zu verkennen, welche über das Sorgerecht und ein familiäres Zusammenleben hinausgehe.
Mit der elterlichen Anerkennung gingen schließlich wesentliche Rechte und Rechtspositionen des Kindes, wie etwa Unterhaltsansprüche, das gesetzliche Erbrecht, der Name, die Staatsangehörigkeit und bei ausländischen Kindern auch das Aufenthaltsrecht einher, zählte der Senat auf.
Anders als das OLG sah der BGH auch das dauerhafte familiäre Zusammenleben ohne eine gesicherte Elternstellung nicht als gewährleistet an, zumal eine Vormundschaftsstellung der Mutter abänderbar sei und sie sich auf keine eigene Rechtstellung berufen könne. Der Vater könne sich zwar auf seine genetische Vaterschaft nach § 1600 d BGB berufen. Dafür müsse er aber zunächst die gesetzliche Zuordnung des Kindes zum Ehemann der Leihmutter beseitigen und hierfür ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren durchführen.
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