Sie wollten Geld für eine eigene Familie. Nun müssen sie fremde Kinder großziehen oder ins Gefängnis
Eine schwangere Frau in einer Unterkunft für Leihmütter. Meistens bringen Agenturen gleich mehrere Dutzend Frauen zusammen unter. Auch in Kambodscha ein blühendes Geschäft.
In Kambodscha ist Leihmutterschaft illegal. Bis zu 20 Jahre Haft drohen den Frauen, die sich doch dazu entschließen, ein fremdes Kind auszutragen. Es sei denn, sie erklären sich bereit, es großzuziehen.
Thida wusste bereits früh in ihrem Leben, dass sie sich wohl kein Kind wird leisten können. Doch es gab eine Möglichkeit dies zu ändern: eine Leihmutterschaft. 10.000 US-Dollar kann man in Kambodscha verdienen, indem man das Kind von Ausländern austrägt und zur Welt bringt. Diese Summe würde genügen, um eine eigene Familie zu gründen, dachte sich Thida. Also entschied sie sich zu diesem radikalen Schritt.
Wie die britische BBC berichtet, vermittelte eine Agentur ihr den Kontakt zu einem chinesischen Paar. Was Thida jedoch angeblich nicht wusste: Zu dem Zeitpunkt, als ihr das befruchtete Ei ihrer Kunden Ende 2017 eingepflanzt wurde, war die kommerzielle Leihmutterschaft in Kambodscha bereits seit mehr als einem Jahr verboten. „Wenn ich gewusst hätte, das das illegal ist, hätte ich es niemals getan“, beteuert Thida.
Als die Polizei schließlich ins Haus stürmte, in dem sie mit 32 anderen Leihmüttern untergebracht war, war sie bereits schwanger. Das Kind brachte sie einige Monate später in einem Gefängniskrankenhaus zur Welt.
Drei Tage nach der Geburt kamen die chinesischen Eltern des Kindes. Aus dem Krankenhausfenster konnte Thida einen Blick auf die Frau erhaschen. Der Mann habe dem Wärter 100 Dollar in die Hand gedrückt, um seinen Sohn sehen zu können, erinnert sie sich heute. „Er hielt das Baby und weinte, als wäre sein Herz gebrochen“, erzählte sie der BBC. „Es tat mir so Leid für ihn.“
In noch größerer Not durch Leihmutterschaft
Die Behörden hatten aber weniger Mitleid. Zwei Monate nach der Geburt, durfte Thida gehen. Doch unter einer Bedingung: Entweder sie zieht das Kind bis zu seinem 18. Geburtstag groß oder ihr drohen 20 Jahre Haft. Vor dieselbe Wahl wurden auch die anderen Leihmütter gestellt.
Thida fiel die Entscheidung nicht schwer. „Er ist mein erstes Kind. Ich liebe ihn so sehr“, sagte sie über den Jungen. „Es macht mir nichts aus, dass er nicht mit uns verwandt ist. Ich könnte ihn gar nicht weggeben.“ Sie hat Glück: Ihre Familie und ihr Mann stehen hinter ihr und akzeptieren das Kind. Doch die finanzielle Lage bleibt prekär. Ihr Mann verdient wie auch vor der Geburt des Kindes nur 250 Dollar im Monat. Und die 10.000 Dollar hat sie natürlich nicht von dem chinesischen Paar erhalten.
Regierung sieht Leihmutterschaft als Menschenhandel
In derselben Situation fanden sich auch die anderen Leihmütter wieder. In der Hoffnung, ihre finanzielle Lage durch die Leihmutterschaft aufzubessern, befinden sie sich nun in einer noch größeren Not, da sie ein Kind aufziehen müssen. Die kambodschanische Politik bleibt aber hart. Die stellvertretende Innenministerin Chou Bun Eng erklärte, dass Kambodscha die kommerzielle Leihmutterschaft verbieten musste, da dies eine Form des Menschenhandels sei. Wo immer diese Praxis auftrete, seien „Kinder die Opfer“, sagt sie der BBC.
Die Kunden würden für die Kinder Preise festsetzten und sie als Ware betrachten. „Wenn Kinder behindert sind, sinkt der Preis. Sie geben sie weg und übernehmen keine Verantwortung für sie. Manchmal werden die Kinder weiterverkauft“, beklagte sie.
Die Leihmütter wüssten oft selbst nicht, wer für das Baby bezahlt hat. Sie würden nur die Agentur kennen. Und nach Ansicht der Regierung sind sie ohnehin die Mütter der Kinder. „Nach dem kambodschanischen Gesetz ist die Frau, die das Baby in ihrem Bauch trägt, die Mutter“, erklärte sie.
Den biologischen Eltern stünde letztendlich die Möglichkeit offen, den Kindern finanziell zu helfen. „Sie könnten etwa die Schulgebühren bezahlen. Wir können sie nicht daran hindern, wohltätig zu sein“, sagte Chou Bun Eng. Und nach ihrem 18. Geburtstag könnten die Kinder dann ja ins Ausland zu ihren leiblichen Eltern gehen. Wenn sie das denn möchten.